Der Bundesfinanzhof hat zu den Besteuerungsfolgen der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs entweder gegen Versorgungsleistungen oder unter Vorbehalt des Nießbrauchs Stellung genommen (Az. IV R 1/20). Während die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Beachtung der Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen unter § 7 Abs. 1 EStDV (seit 1999 § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG) fällt, greife diese Norm bei der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs nicht ein. Die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs führe beim Übertragenden im Fall der Fortführung der gewerblichen Verpachtungstätigkeit nicht zu einer steuerbegünstigten Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG, sondern zur Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter. Der Vorbehaltsnießbraucher führe den verpachteten Gewerbebetrieb infolge der fehlenden Einstellung seiner gewerblichen Verpachtungstätigkeit fort. Beim Tod des Vorbehaltsnießbrauchers gehe ‑ vorbehaltlich einer zuvor von ihm abgegebenen Aufgabeerklärung ‑ sein dann weiterhin bestehender gewerblicher Verpachtungsbetrieb nach § 7 Abs. 1 EStDV bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG auf den Erwerber (Erben) über. Zu diesem Zeitpunkt werden die bisher im Privatvermögen des Erwerbers befindlichen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen eingelegt.
Dieses Urteil schafft für mehrere Bereiche der Betriebsübergabe eines verpachteten Betriebs und für die Auslegung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen Klarheit und Rechtssicherheit. Diese Kenntnis fehlte offensichtlich bei der bereits in den Jahren 1995/96 erfolgten Übertragung eines Grundstücks mit einem darauf befindlichen verpachteten Hotelbetrieb vom Vater auf seine zwei Kinder. Der Bundesfinanzhof hat daher den Fall an das Finanzgericht Bremen (Az. 1 K 93/18) zurückverwiesen, damit dieses nach Möglichkeit die rechtlich relevanten Sachverhalte – nach ca. 30 Jahren (!) – noch aufklärt. Für beide hier möglichen Sachverhalte gibt der Bundesfinanzhof dann aber wesentliche Hinweise zur nachfolgenden steuerrechtlichen Beurteilung. Die Beteiligten hatten zunächst eine unentgeltliche Übertragung des Grundstücks mit dem Hotel unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs vom Vater auf die Kinder in GbR vereinbart. Sollte diese bisher angenommene Sachlage nach der Überprüfung weiter Bestand haben, dann wäre die Übertragung nicht nach § 7 Abs. 1 EStDV zu beurteilen, sondern der Vater hätte aus steuerlicher Sicht den Betrieb weitergeführt unter Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter zum Teilwert.
Zu diesen Wirtschaftsgütern müssten das Grundstück, die Betriebsvorrichtungen und das sonstige Inventar zählen. Es kann dann trotzdem keine Betriebsaufgabe gem. § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG mit einem begünstigten Veräußerungsgewinn geben, weil der Übertragende den Betrieb weitergeführt hat, eine Betriebsaufgabeerklärung hatte er nicht abgegeben. Der Betrieb ist dann beim Tod des Vorbehaltsnießbrauchers auf seine Erben übergegangen, die ihrerseits bei Weiterführung des Verpachtungsbetriebs die ihnen vorher übertragenen Wirtschaftsgüter als notwendiges Betriebsvermögen zum dann geltenden Teilwert einlegen müssten. Kommt dagegen die Beurteilung als eine unentgeltliche Übertragung mit Versorgungsleistungen gem. § 7 Abs. 1 EStDV in Betracht, dann hätten die Begünstigten weiterhin gewerbliche Einkünfte erzielt und die Buchwerte der Wirtschaftsgüter müssten weitergeführt werden bis zu einer evtl. Betriebsaufgabe oder Veräußerung. Der Übertragende hätte keinen Entnahme- oder Veräußerungsgewinn zu versteuern, die Aufdeckung der stillen Reserven ginge zu Lasten der Kinder.
Zwischen diesen beiden Sachverhaltsvarianten muss das Finanzgericht jetzt eine Aufklärung treffen. Auf einige für die rechtliche Beurteilung durch das Finanzgericht maßgebliche Auffassungen des Bundesfinanzhofs wird in der Entscheidung noch hingewiesen, die auch für andere vergleichbare Fälle von Bedeutung sind: die Einstufung als Betriebsaufgabe gem. § 16 Abs. 3 EStG setzt neben der Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen auch die Aufgabe der bisher ausgeübten gewerblichen Tätigkeit durch den Gewerbetreibenden voraus; eine beim Übertragenden unterlassene Besteuerung des Entnahme- oder Aufgabegewinns kann nicht beim Übernehmer des Betriebs nach dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs nachgeholt werden, wenn § 7 Abs. 1 EStDV nicht zur Anwendung kam; der Grundsatz von Treu und Glauben kann nicht Steuerrechtsfolgen zum Nachteil des Steuerpflichtigen zur Anwendung bringen, die materiell-rechtlich nicht bestehen. Bei Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen müssen zivilrechtlich wirksame, klare und eindeutige Regelungen getroffen werden, die auch nachprüfbar sind; bei nicht mehr nachweisbaren Tatbestandsvoraussetzungen geht dies zu Lasten der Partei, die die Feststellungslast trifft. D. h., der Fiskus muss Tatsachen, die eine Steuerlast begründen sollen, nachweisen und der Steuerpflichtige trägt die objektive Beweislast für Tatsachen, die eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder Steueraufhebung rechtfertigen.
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